SG #175: Die deutsche Raumfahrt

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Im Moment ist ein Deutscher im All. Er heißt Alexander Gerst. Am 8. Juni 2018 ist er für ein halbes Jahr zur Internationalen Raumstation ISS gereist. Seit Oktober hat er das Kommando auf der ISS, er ist also der Chef. Das hat vor ihm kein anderer deutscher Astronaut geschafft. Am 13. Dezember soll Gerst wieder auf die Erde zurückkehren. Für ihn ist das nicht der erste Ausflug ins All – Gerst war bereits 2014 auf der ISS. Aber ich möchte Euch heute nicht nur etwas über Astro-Alex erzählen, sondern generell über die deutsche Raumfahrt.

Die deutsche Raumfahrt begann 1928. Damals gab es den ersten bemannten Raketenflug. Der Flug dauerte 80 Sekunden – und brachte den Piloten gerade mal 1,5 Kilometer weit. Finanziert wurden diese Flugversuche mit Raketenantrieb von Opel. Das ist heute eine bekannte Automarke.
Wie so oft wurde die neue Technologie durch den Krieg vorangetrieben. Es wurden neue Raketentypen für das Militär entwickelt. Raketen sollten damals vor allem Zerstörung bringen – oder Raketen der Feinde abwehren.

Der wichtigste Entwickler war damals der heute sehr umstrittene Wernher von Braun. Gemeinsam mit anderen Forschern zog er nach dem Krieg in die USA, um dort weiter zu arbeiten. Dort war er am Mondlandungsprogramm Apollo beteiligt.
Bleiben wir bei der deutschen Raumfahrt. Sigmund Jähn war der erste Deutsche im All. Er war ein Kosmonaut der DDR. 1978 flog er zu einer sowjetischen Raumstation und blieb 7 Tage dort. Fünf Jahre später startete Ulf Merbold ins All – insgesamt war er drei Mal im Weltraum.

Später wurden die Europa- und Ariane-Raketen gebaut. Allerdings nicht von Deutschland alleine, sondern von der ESA, einem europäischen Raumfahrtprogramm.
Mittlerweile geht es im All um die wissenschaftliche Forschung. Nach der politischen Wende konnten die verschiedenen Länder zusammenarbeiten. 1995 flog der deutsche Astronaut Thomas Reiter für ein halbes Jahr auf die MIR, um dort zu forschen. 2006 war er nochmals ein halbes Jahr dort.

Und Alexander Gerst? Er ist vor allem für viele deutsche Kinder ein Vorbild. Sie kennen ihn, weil er jedes Mal viele Auftritte in der „Sendung mit der Maus“ hat und sogar eine kleine Plüschmaus mit ins Weltall nimmt. Er erklärt den Kindern, was es mit der Schwerkraft auf sich hat und wie es ist, im Weltall auf die Toilette zu gehen oder zu schlafen. Die Kinder dürfen ihm Fragen stellen, die er dann beantwortet.

Schaut doch selber mal rein! Die Links:
https://www.ardmediathek.de/tv/Die-Sendung-mit-der-Maus/Sachgeschichte-Sojus-Rakete/Das-Erste/Video?bcastId=1458&documentId=52879822
https://www.ardmediathek.de/tv/Die-Sendung-mit-der-Maus/Sachgeschichte-Schwerelosigkeit/Das-Erste/Video?bcastId=1458&documentId=51652596
https://www.dlr.de/next/desktopdefault.aspx/tabid-11738/20536_read-48056/

Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg175kurz.pdf

SG #174: Die deutschen Bundesländer

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In Deutschland gibt es 16 Bundesländer. Vor der Wiedervereinigung waren es 11. Berlin, Bremen und Hamburg sind sogenannte Stadtstaaten.

Das größte Bundesland ist Bayern im Süden von Deutschland. Die Hauptstadt ist München, die Stadt in der ich lebe. In Bayern sind Firmen wie BMW und Audi zu Hause. Und der Fußballverein FC Bayern. Bayern ist sehr ländlich, hier gibt es viel Landwirtschaft. Bayern grenzt an Österreich – wir teilen uns sozusagen die Alpen. Viele Touristen kommen nach Bayern, um hier das Schloss Neuschwanstein zu sehen oder das Oktoberfest. Bayern ist ein Freistaat – ebenso wie Sachsen und Thüringen. Das klingt gut und sehr frei – hat aber eigentlich nichts mehr zu bedeuten.

Kommen wir zu Nordrhein-Westfalen. Das ist ein Bundesland im Westen des Landes. Hier leben die meisten Menschen, und zwar fast 18 Millionen. In Nordrhein-Westfalen gibt es viele große Städte wie Köln, Düsseldorf oder Essen. Das Land grenzt an die Niederlande. Es wurde lange Zeit geprägt vom Bergbau.

Baden-Württemberg ist ebenfalls im Süden von Deutschland, direkt neben Bayern. Hier wohnen die Schwaben und die Badener. Aus Baden-Württemberg kommt die Automarke Daimler-Benz.

Niedersachsen ist flächenmäßig das zweitgrößte Bundesland. Es liegt in Norddeutschland. Aus Niedersachsen kommt die Automarke VW, also Volkswagen. Niedersachsen hat eine Küste, die Nordseeküste. Die Niedersachsen sind stolz darauf, das reinste Hochdeutsch zu sprechen.

Hessen verwirrt so manche Deutsche. Denn eigentlich denkt jeder bei Hessen an die Stadt Frankfurt am Main. Dort ist das Finanzzentrum Deutschlands, viele Banken haben hier ihr Quartier bezogen. Aber die Hauptstadt ist Wiesbaden.

Rheinland-Pfalz liegt am westlichen Rand von Deutschland. Zwei berühmte Persönlichkeiten aus der Pfalz sind Helmut Kohl, der von 1982 bis 1998 deutscher Kanzler war, und Karl Marx. Sehr lecker sind übrigens die Weine aus dieser Gegend.

Sehr klein ist das Saarland, das direkt an der Grenze zu Frankreich liegt. Hier leben viele Katholiken: Fast 60% der Menschen im Saarland gehören zur katholischen Kirche.

Wieder zurück in den Norden – hier fehlt uns noch Schleswig-Holstein. Es grenzt an Dänemark und hat auf einer Seite die Nordsee und auf der anderen die Ostsee. Hier gibt es die kleinste Stadt Deutschlands: Arnis hat rund 300 Einwohner.

Kommen wir zu den fünf „neuen“ Bundesländern. Wir hier in Westdeutschland nennen diese ostdeutschen Bundesländer wirklich immer noch so, obwohl sie seit der Wiedervereinigung 1991 längst wieder zu uns, also zum Westen gehören. Blöd, oder?

Also, da ist zum Beispiel Sachsen mit seiner Hauptstadt Dresden. In Sachsen werden am meisten Kinder geboren – pro Frau im Schnitt 1,57 Kinder. 72 Prozent der Sachsen sind nicht religiös. Im schönen Leipzig übrigens gibt es eine Buchmesse, die wirklich einen Besuch lohnt.

Brandenburg ist das Bundesland, das sich um Berlin herum schmiegt. Es hat den geringsten Ausländeranteil von ganz Deutschland – und zwar nur 3,6 Prozent. Im Osten leben übrigens generell viel weniger Ausländer als im Westen – im Durchschnitt sind es 3,8 Prozent im Osten und 11,8 Prozent im Westen. Dennoch ist die Ausländerfeindlichkeit im Osten leider höher als im Westen. Interessant: In Berlin, also mitten in Brandenburg, ist der Ausländeranteil bei 15,5 Prozent am höchsten.

Kommen wir zu Sachsen-Anhalt, dem Bundesland, das fünf UNESCO-Welterbestätten hat, unter anderem das Bauhaus. Es ist schon interessant, welche Rekorde man so im Internet findet: Sachsen-Anhalt hatte 2006 nämlich die niedrigste Selbstmordrate in Deutschland.

Jetzt fehlen noch zwei Bundesländer. Eines ist Mecklenburg-Vorpommern. Es liegt ganz im Norden und hat eine lange Küste an der Ostsee. Hier liegen drei der 16 deutschen Nationalparks und die großen Inseln Rügen und Usedom gehören auch dazu.

Bleibt noch Thüringen übrig, das Bundesland, in dem die Goethe- und Schillerstadt Weimar liegt. Und noch ein großer Name ist mit Thüringen verbunde…

SG #163: Bürgerinitiative und Bürgerbegehren

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Ich habe Euch schon vom politischen System in Deutschland erzählt. Also von unseren Parteien, der Bundeskanzlerin und dem Bundespräsidenten. Heute möchte ich Euch von der Bürgerinitiative in Deutschland erzählen.

Was ist eine Bürgerinitiative? Nehmen wir ein Beispiel. Eine Gruppe von Menschen möchte eine bestimmte Sache ändern. Dann kann sie genau für diese Sache eine Bürgerinitiative gründen. Anders als die Parteien, die viele verschiedene Probleme lösen möchten, konzentriert sich diese Bürgerinitiative auf ein einzelnes Problem.

Bürgerinitiativen haben eine lange Geschichte in Deutschland. Schon 1501 schlossen sich die Menschen zusammen, als es um die Bestattung von Pesttoten ging. 1947 wollten die Menschen den Wald schützen. Es gibt also viele verschiedene Gründe, eine Bürgerinitiative zu starten.

Was kann so eine Bürgerinitiative tun? Zunächst einmal kann sie zum Beispiel Demonstrationen organisieren, um mehr Menschen auf ihr Ziel aufmerksam zu machen. Sie kann auch Unterschriften sammeln und eine Petition starten. Zu guter letzt kann es zu einem Bürgerbegehren kommen – aber dazu gleich mehr.

Meistens kümmern sich solche Bürgerinitiativen um Dinge, die mit der Umwelt zu tun haben. Sie wehren sich beispielsweise gegen den Bau einer weiteren Startbahn am Flughafen. Oder sie fordern den Neubau einer Umgehungsstraße, die einen Ort entlasten soll. Es sollen nicht so viele Autos durch den Ort fahren, sondern außen herum. Sie können auch fordern, dass ein neuer Kindergarten gebaut wird oder eine Lärmschutzwand.

Kurz zusammengefasst kann man sagen, dass Bürgerinitiativen basisdemokratisch sind. Die Bürger selbst beschließen, dass sich etwas ändern muss – und packen es dann an. Meist finden die Bürger, dass die etablierten Parteien nicht genug unternehmen, um das Problem zu lösen, und wollen es dann selber in die Hand nehmen.

Nehmen wir an, wir gründen also eine Bürgerinitiative. Wir wollen den Bau einer lauten Straße verhindern. Dann können wir dafür beispielsweise einen Verein gründen, um der Gruppe eine Struktur zu geben. Dann fangen wir an, zu demonstrieren und Unterschriften zu sammeln. Wir brauchen eine bestimmte Zahl an Unterschriften – das ist genau festgelegt. In München sind es beispielsweise 34.000 Unterschriften. Diese Zeit des Sammelns nennt man Bürgerbegehren. Wenn ausreichend Unterschriften gesammelt wurden, gibt es einen Bürgerentscheid. Das bedeutet, dass die Menschen zu einer Wahl eingeladen werden. Sie gehen in ihr Wahllokal – das sind meistens Schulen – und müssen dann ein Kreuz machen, entweder bei „Ja“ oder bei „Nein“. Wenn genügend Menschen sich an dieser Wahl beteiligen, dann gilt dieser Bürgerentscheid.

Hier in München gab es im letzten Herbst einen Bürgerentscheid. Damals sollten wir Bürger darüber entscheiden, ob ein Steinkohlekraftwerk in München abgeschaltet werden soll. Die Bürger stimmten mit „Ja“.

Das heißt aber noch lange nicht, dass die Entscheidung sofort umgesetzt wird. Zum Beispiel haben sich die Münchner 2012 auch gegen eine dritte Startbahn am Flughafen ausgesprochen – ob sie nun aber gebaut wird oder nicht ist weiterhin unklar. Die Stimme der Bürger ist so gültig und wertvoll wie zum Beispiel ein Beschluss des Stadtrats.

Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg163kurz.pdf

SG #138: Das deutsche Grundgesetz

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Stellt Euch einmal vor, Ihr müsstet Regeln für das Zusammenleben der Menschen aufstellen. Ihr müsst Euch überlegen, wie diese Regeln dafür sorgen, dass alle Menschen in Eurem Land friedlich und gleichberechtigt miteinander leben können. Es ist gar nicht so einfach, an alles zu denken, oder? Viele Regeln sollte der gesunde Menschenverstand ohnehin diktieren, aber leider funktioniert das nicht. Wenn es aber feste Regeln gibt, kann man diese lehren – und man kann diejenigen bestrafen, die sich nicht daran halten.

In Deutschland halten wir uns an das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland – abgekürzt heißt es GG. Das Grundgesetz ist unsere Grundordnung – hier stehen die rechtlichen und politischen Regeln unseres Landes. Daher ist das Grundgesetz unsere Verfassung. Es ist die Bundesverfassung, sie gilt für das gesamte Land. Daneben gibt es noch die Länderverfassungen, die Bundesländer wie Bayern oder Nordrhein-Westfalen haben also ihre eigenen Regeln. Diese stehen aber unter dem Grundgesetz – dieses gilt also immer.

Das Grundgesetz wurde 1949 beschlossen und von den Alliierten genehmigt. Ihr müsst Euch erinnern, dass Deutschland lange Zeit nach dem Krieg ein Land war, das unter dem starken Einfluss der Alliierten stand. Das Land war unterteilt in einen russischen, einen amerikanischen, einen französischen und einen britischen Sektor. Das Grundgesetz sollte aus den drei Besatzungszonen der Amerikaner, Franzosen und Briten ein einheitliches Staatsgebiet machen. Westdeutschland war geboren, die Bundesrepublik Deutschland. Das Grundgesetz war nur vorübergehend gedacht, es wurde auch nicht vom Volk beschlossen. Man hoffte auf eine baldige Wiedervereinigung. Heute wissen wir, dass es noch viele Jahrzehnte dauerte, bis es so weit war.

Aber zurück zum Grundgesetz.
Was steht denn nun drin in diesem Grundgesetz? Erst einmal sind dort die Menschenrechte aufgeführt, die Grundrechte. Sie schützen den einzelnen Bürger und geben ihm Rechte und Freiheiten.

Hier ist festgelegt, dass sich jeder Mensch frei entfalten darf, solange er damit nicht andere Menschen verletzt oder gegen das Recht verstößt. Jeder hat das Recht auf Leben und auf Freiheit. Wichtig ist auch Artikel 3: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“. Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache oder seines Glaubens benachteiligt oder bevorzugt werden. Es gibt in Deutschland Religionsfreiheit und Meinungsfreiheit – und auch Pressefreiheit. Im Grundgesetz steht auch die Versammlungsfreiheit – sie dürfen sich friedlich versammeln. Es gibt ein Briefgeheimnis und wir dürfen frei wählen, wo wir arbeiten möchten. Unsere Wohnungen dürfen nicht ohne Grund durchsucht werden. Ich bin sehr froh, dass ich in einem Land lebe, in dem ich so viele Freiheiten habe, und in dem der Staat dafür sorgt, dass diese Freiheiten auch tatsächlich existieren.

In der momentanen Zeit der Kriege und Flüchtlingsströme ist auch Artikel 16a wichtig: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“. Ich habe all diese Sätze hier verkürzt – Ihr könnt das ganze Grundgesetz gerne nachlesen auf der Seite https://www.bundestag.de/grundgesetz. Es ist wirklich interessant!

Was steht noch drin in dieser Verfassung der Deutschen? Hier wird unser gesamtes politisches System geregelt, wie die Länder funktionieren und was der Bundesrat und der Bundestag macht, dass wir einen Bundespräsidenten und eine Bundeskanzlerin haben und wie die Gesetzgebung funktioniert. Es sind unsere Werte, die hier festgeschrieben sind. Nach ihnen handeln und leben wir.

Was passiert nun, wenn unsere Welt sich so sehr ändert, dass wir dieses Grundgesetz ändern müssen? Dann müssen sich Bundestag und Bundesrat dafür aussprechen. Zwei Artikel dürfen jedoch niemals geändert werden: Die Menschenwürde bleibt unantastbar und ebenso Demokratie, Rechtsstaat und Sozialstaat.

Das Provisorium Grundgesetz wurde mit der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 z…

SG #121: Die Rote Armee Fraktion RAF

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Es wird Zeit für ein dunkles Kapitel der neueren deutschen Geschichte: Die RAF. RAF steht für Rote Armee Fraktion. Das war eine linksextremistische terroristische Vereinigung in Deutschland. Gerade jetzt, wo wir alle Angst vor dem Terror haben, der von Al Kaida oder IS ausgeht, müssen wir uns an die RAF erinnern.

Fast 3 Jahre lang terrorisierte die RAF Deutschland. Sie ermordete 34 Menschen, und zwar wichtige Menschen. Es waren Politiker, Führungskräfte aus der Wirtschaft, Polizisten oder sogar Richter. Aber fangen wir vorne an.

Wir schreiben das Jahr 1968. Es ist das Jahr der Studentenbewegung. Viele junge Menschen protestieren gegen den Vietnamkrieg. Auch Andreas Baader und Gudrun Ensslin. Sie legen Brände in zwei Frankfurter Kaufhäusern und werden erwischt – drei Jahre lang sollen sie ins Gefängnis. Beim Prozess lernen sie einen Anwalt kennen und Ulrike Meinhof, eine Journalistin. Bei einer günstigen Gelegenheit tauchen sie unter. Sie verschwinden. Sie gründen eine Stadtguerilla, so wie es sie in Südamerika gibt. 1970 befreien sie Andreas Baader, der verhaftet worden war. Es klappt nicht so, wie es geplant war: Es gibt eine Schießerei und Verletzte. Die RAF ist geboren. 20 Mitglieder hat sie am Anfang ungefähr. Sie lassen sich in Jordanien militärisch ausbilden. Zu Beginn tun sie alles, um weiterhin im Untergrund leben zu können.

Sie überfallen Banken, stehlen Autos und Ausweise. 1971 gehören mittlerweile 50 Menschen zur RAF und die Polizei fahndet nach ihnen, sie sucht diese Menschen also. Wenn es eng wird und die Polizei der RAF zu nahe kommt, wird es gefährlich: drei Polizisten werden erschossen.

Die RAF wird immer größer und stärker. Und die Taten größer. 1972 werden US-Militäreinrichtungen und staatliche Einrichtungen bombardiert, ebenso ein Verlagsgebäude. Viele Menschen sterben bei den Explosionen oder werden verletzt. Der Druck auf die Polizei wächst, und 1972 werden die fünf wichtigsten Terroristen der RAF verhaftet. Man baute extra ein sehr sicheres Gefängnisgebäude für sie in Stuttgart. Sie wurden angeklagt und nach einem langen Prozess verurteilt – zu lebenslanger Haft. Vier Angeklagte begingen im Gefängnis Selbstmord.

War damit der Terror der RAF zu Ende? Nein. Es gab längst eine zweite Generation. Und sie war genauso furchteinflößend. Sie ermordete einen Generalbundesanwalt in seinem Auto und den Vorstandssprecher der Dresdner Bank. Auch der Präsident des Bundesverbandes der Arbeitgeber wurde entführt und schließlich getötet. Die RAF entführte ein Lufthansa-Flugzeug – der Pilot wurde erschossen. Die Passagiere konnten zum Glück befreit werden. Bis in die 90er-Jahre gab es weitere Anschläge, bei denen viele Menschen getötet wurden. 1998 tauchte ein offizielles Schreiben auf – die RAF hatte sich aufgelöst. 25 RAF-Mitglieder waren lebenslänglich im Gefängnis – sie sind alle mittlerweile wieder frei. Viele andere wurden bis heute nicht gefasst und dadurch auch nicht bestraft. Manche werden heute noch gesucht.

Warum haben sie das alles getan? Alles begann in den 60er-Jahren. Nicht lange nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Es gab immer noch viele Menschen, die Nazis waren. Viele von ihnen hatten wichtige Stellungen in Deutschlands Wirtschaft oder Politik. Die RAF war gegen dieses System. Sie kritisierte, dass Deutschland seine Nazivergangenheit nicht richtig aufgearbeitet hatte. Menschen in Uniform waren für die RAF „keine Menschen“ – das traf auch auf Polizisten zu. Der Staat war der Feind. Die RAF wollte bei der kommunistischen Weltrevolution helfen.
Auch wenn manch ein Kritikpunkt der RAF sicher richtig war, waren es die Taten niemals. Es hätte andere Wege gegeben, um etwas zu verändern. Was hat sich durch die RAF in Deutschland geändert? Einiges. Es wurden Anti-Terror-Gesetze verabschiedet und die Rasterfahndung eingeführt. Mit Hilfe von verschiedenen Datenbanken werden so Menschen gesucht und gefunden – in erster Linie sollen so Terroristen gefasst werden.